Bericht zur Podiumsdiskussion vom 3. November 2009

Chance und Wirklichkeit der Integration von Migranten in Deutschland

Am 3. November 2009, hatte die Muslimische Hochschulgruppe (MHG) der Universität Mannheim eine Diskussionsrunde zu einem wesentlichen, aktuellen Thema, nämlich zu der Frage, wie es mit der Integration der Immigranten in Deutschland bestellt ist. Das Thema hat seine zusätzliche Präsanz, aufgrund der kurz nach den Bundestagswahlen im September geäußerten Kritik des ehemaligen SPD-Finanzsenators von Berlin, an der Migrantenpolitik des Stadtstaates, wobei er die Behauptung aufstellte, Ausländer würden sich nur am Gemüsehandel ökonomisch beteiligen und an der Produktion von Kopftuchmädchen.

Aufgrund dessen sollten wir uns, was auch die Diskussionsrunde ausmachte, zunächst einmal fragen was ist Integration, was Prof. Esser nicht eindeutig, während der Debatte beantwortet hat! Rita Süssmuth, ehemalige Bundestagspräsidentin, während der Regierung Kohl, stellt in ihrem wegweisenden Werk: “Migration und Integration: Testfall für unsere Gesellschaft”, fest, dass es für den Begriff Integration eigentlich keine einheitliche Definition gäbe, man bediene sich hier eher mit Gegen- Therminoligien, wie beispielsweise, dem Begriffspaar; Ausgrenzung- bzw. Abgrenzung oder gar Desintegration. Allerdings wird jene Vorstellung des institutionellen Begriffs auch dadurch umschrieben, dass man davon ausgeht, dass es einen pluralen Gesellschaftsmodus gibt, welcher darauf ausgerichtet ist gesellschaftliche, wie auch, persönliche Teilhabe zu regenerieren, wobei dies auf dem Fundament eines klar definiert Normensystems zu gesehen hat, allerdings unter Berücksichtigung eines eigendynamischen, soziokulturellen Entwicklungsprozesses. Hierbei ist Integrationspolitik nicht nur der Schraubschlüssel für jenen Entwicklungsprozess, sondern, er wirkt als Dynamo, in vielerlei Lebensbereiche und Lebensordnungen, innerhalb des Gemeinwesens.

Demnach, kann man wie der Moderator der Diskussion genauso feststellte, wie die ehemalige Bundestagspräsidentin, der These nur zustimmen, dass wir gegenwärtig in einer historischen Umbruchsphase der globalen Migration leben, und damit ist dieser soziokulturelle Entwicklungsprozess, nicht nur eine Frage in der Deutschland im Sinne seiner historischen Verantwortung, Migration als Chance sehen sollte, wie der SPD Stadtrat Schäfer behauptete, zumal viele Länder im globalen Sinne eine derartige Verantwortung haben, sondern er ist v. a. ein weltweiter Prozess mit Licht- und Schattenseiten. Genauso ist richtig, was der Chefredakteur der islamischen Zeitung (IZ) Willmsen anführte und von Süssmuth hier nochmals bestätigt wird, der dynamisierende Prozessverlauf der Migration und Integration hat, wie gewöhnlich alle soziologischen Prozesse Gewinner und Verlierer, er ist quasi die Rückkopplung an die transnationale Vernetzung. Hierbei ist Migration und Integration, wie wir im Laufe der Debatte gemerkt haben, und auch hier nochmals zu sehen bekommen, keine Frage der Moderne, sie gehört sicherlich zum Fortschritt, sie ist aber auch mit hohen Risikotendenzen verbunden. So stellte auch einer der Podiumsdiskutanten, der junge Soziologe Sahinöz, Cem fest, was auch hier wiederum von Süssmuth, bestätig wird, dass Deutschland nur unzureichend auf das Problem der Integration von Migranten vorbereitet gewesen, und weiterhin noch nicht in der Realität angekommen ist, dass Deutschland kein Rotationsstaat mehr sei, wo die Ausländer, theoretisch in ihre Heimatländer zurückkehren. Demnach so die Bundestagspräsidentin a. D. holen uns die sog. Steuerungsfehler der Vergangenheit in der Gegenwart ein, unzureichende bildungstechnische Modifizierung der Migranten, sowie auch Ablehnung der ausländischen Abschlüsse, zementieren die quantitativen Steuerungsfehler, die auch Prof. Esser, wenn auch nur teilweise erwähnt. Während man versäumt habe, das gesamte Bildungssystem zu reformieren um die angestauten Bildungsprobleme innerhalb der Ausländerintegration zu beheben, operiert man, wie Sarrazin mit Daten, die den Glauben artikulieren, dass bald, und v. a. Migranten der islamischen Konfession, aufgrund geburtenstarker Jahrgänge die Mehrheitsgesellschaft stellen würden, wobei, so Süssmuth, genau das Gegenteil statistisch der Fall ist, nämlich die Bundesrepublik ist Auswanderungsland, und die Geburtenzahlen nähern sich an und driften nicht auseinander. Esser wie auch Stadtrat Schäfer machten in der Diskussion sehr deutlich, was auch in dem hier zitierten Buch sehr klar zum Vorschein kommt, dass nicht die Frage entscheidend ist wie viel Immigranten bei uns leben, sondern auf welchem Normenkorsett, sich diese plurale Gesellschaft etabliert, bzw. wo man partikulare Interessen zulässt, so z. B. in Fragen des Glaubens. Es geht also im Grundsatz, so auch Willmsen, um eine demokratisch -legitimierte Leitkultur, als Klammer f. das Gemeinwesen.

Diese Gegebenheit, und dies machte auch die Debatte deutlich, stellt also einen Testfall, für den Fortschritt unseres Landes da, und damit stellt sich auch die Frage eines kollektiven Indentitätsverständnisses, im Bezug darauf wie offen oder geschlossen unsere Gesellschaft sein soll, sowie es auch darum geht, Parallelgesellschaften nicht einfach hinzunehmen, wie es der ehemalige SPD- Finanzsenator tut, sondern diese genauestens zu hinterfragen, damit die These der gescheiterten Integration nicht vollends zum tragen kommt, was Stadtrat Schäfer auch deutlich machte. Hierzu ist der seit 2006 eingesetzte nationale Integrationsgipfel ein Instrument von vielen, was die Diskussion sehr deutlich machte, um letztlich auch die politische wie auch gesellschaftliche Wertschätzung von Migranten zu erhöhen. Somit ist Integration nicht nur eine Frage der Immigranten, sondern spätestens seit 2006 eine Frage der gesamten Zivilgesellschaft, was auch alle Podiumsmitglieder einhellig klarstellten, und durch die Bundestagspräsidentin hier auch nochmals unterstrichen wird.

Dies hielt auch abschließend der Vorsitzende der MHG Hakan Peker, zusammenfassend fest, wenn er um mit den Worten v. Fr. Süssmuth zu sprechen, deutlich machte, dass Integration, die Fokussierung aller Beteiligten benötigt, wofür er einhelligen Applaus erhielt.

Verfasser: I. Zarrouk; M.A. pol./phil.

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